Offener Brief an „Back Up – Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt“ als Reaktion auf eine Veranstaltungsanfrage
18.02.13
Liebes Back-Up-Team,
wir finden es sehr begrüßenswert, dass es eine Beratungsstelle für Betroffene von rechter Gewalt gibt und halten diese für absolut notwendig.
Allerdings ist uns Back Up bereits des Öfteren negativ aufgefallen, da von Ihnen Äußerungen getätigt wurden, die sie selbst als Beratungsstelle diskreditieren.
Leider müssen wir Ihre Parteilichkeit mit Betroffenen rechter Gewalt, die Sie als Beratungsstelle für sich beanspruchen, in Frage stellen, was vor allem an Ihrem Offenen Brief vom 30.12.12 liegt. Dort wenden Sie sich nicht nur in einem Appell an extrem rechte Gruppierungen, von denen Sie sich – sehr naiv – wünschen, dass diese ihre Politik mit anderen Mitteln fortführen, sondern auch an Nazigegner_innen, denen sie implizit raten lieber „Opfer“ zu werden, als antifaschistischen Protest auf die Straße zu tragen und sich gegen Angriffe von Nazis zu wehren.
Dass Sie sich dann auch noch selbst widersprechen, indem Sie Betroffenen raten zur Polizei zu gehen, weiter unten aber schreiben, dass Polizei und Justiz offenkundige blinde Flecken haben was rechte Gewalt angeht, sei hier nur am Rande bemerkt.
Deutlich wird aber, dass Sie offenbar die Extremismustheorie teilen und somit eine ideologische Einstellung vertreten, die ebenfalls einer Parteilichkeit für Betroffene von rechter Gewalt widerspricht und darüber hinaus rechte Gewalt aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft verharmlost.
Des Weiteren das bundesweite Antifa-Camp 2012, das letztlich in unserem Haus stattfinden musste, zu dem Sie sich nicht solidarisch verhalten haben. Wir können uns das nur so erklären, dass Ihnen die eigene Position in der Dortmunder Stadtpolitik wichtiger war, als antifaschistische Projekte und deren Protest gegen Neonazis offen zu unterstützen. Wir halten das für den falschen Ansatz.
Als allgemeine Kritik möchten wir noch anmerken, dass der Opfer-Begriff sehr negativ konnotiert ist und nicht zu einem positiven Selbstbild nach einer Gewalterfahrung beiträgt. Dagegen zeigt der Begriff des_der „Betroffenen“, dass nicht in einer passiven Opferhaltung verharrt werden muss und auch die Hemmschwelle zum Aufsuchen einer Beratungsstelle herabgesetzt wird.
Unter diesen Umständen können wir uns nicht vorstellen mit Ihnen zusammen zu arbeiten und Ihnen Raum für eine Veranstaltung zu geben. Wir würden uns aber freuen, wenn Sie es schaffen würden eine Richtigstellung Ihres Offenen Briefs zu veröffentlichen und die von vielen Seiten kritisierten Punkte klarzustellen und zu korrigieren. Nur dann wäre eine Kooperation von unserer Seite aus wieder denkbar.
Mit freundlichen Grüßen,
AZ Mülheim